Ihre langsamen Läufe sind unsere schnellen und ihre schnellen Läufe sind für uns unerreichbar. Willkommen in der wunderbaren Welt der Profi-Athlet*innen und unserer Vorbilder, von denen wir uns nicht nur in sportlicher Hinsicht immer wieder gerne etwas abgucken.
Denn beeindruckende Leistungen, wie der Marathon-Weltrekord von Eliud Kipchoge oder die erste Teilnahme einer Frau an einem Marathon von Kathrine Switzer, zeugen nicht nur von körperlicher, sondern vor allem von innerer Stärke. Wir stellen euch an dieser Stelle neun Ausnahmeathlet*innen und Vorbilder vor, für die es so etwas wie den “inneren Schweinehund” nicht zu geben scheint. Wenn doch, so gelingt es diesen Mentalitätsmonstern jedenfalls spielend, mit ihm fertig zu werden.
Uns ist bewusst, dass es noch viele, viele andere beeindruckende Athlet*innen und Vorbilder aus der Welt des Laufsports gibt. Daher an dieser Stelle schon mal der beruhigende Hinweis: Fortsetzung folgt.
Eliud Kipchoge
Welcher Athlet gewann zwölf seiner dreizehn Marathon-Rennen? Welcher Sportler krönte seine Karriere 2018 mit einem Weltrekord beim Berlin-Marathon?
Spätestens nach der letzten Frage dürfte auch ohne Überschrift klar sein, von welchem Ausnahmeathleten und Vorbild hier die Rede ist.
Besonders interessant: Erst 2013 versuchte sich Kipchoge an der Marathon-Distanz und stellte beim Hamburg-Marathon gleich mal einen neuen Streckenrekord auf. 2:05:30 Stunden standen am Ende auf der Uhr. Seine Konkurrenz trudelte erst mehr als zwei Minuten später im Ziel ein.
Es folgten viele weitere Siege – so heimste Kipchoge unter anderem beim Halbmarathon in Barcelona, dem Wörthersee-Halbmarathon, dem Rotterdam-Marathon und dem Chicago-Marathon den ersten Platz ein. 2016 durfte Eliud Kipchoge schließlich aufs Siegertreppchen in Rio de Janeiro klettern und gewann auch den Olympischen Marathon.
2018 stellte der Ausnahmesportler schließlich beim Berlin-Marathon mit einer unglaublichen Zeit von 2:01:39 Stunden seinen besagten Weltrekord auf. Den alten Weltrekord von Dennis Kimetto verbesserte er damit um sagenhafte 1:18 Minuten. Ein großer Sprung.
Jede Menge Aufsehen erregte Kipchoge auch durch seinen inoffiziellen Weltrekord, bei dem er als erster Mensch die Marathon-Distanz von 45,195 Kilometern in unter zwei Stunden absolviere. Seine Zeit: 1:59:40 Stunden.
Die Zeit gilt deshalb nicht offiziell als Weltrekord, weil das Rennen unter „Laborbedingungen“ stattfand.
So unterstützen Kipchoge bei seinem Lauf durch Wien 41 Pacemaker. Zudem fand das Rennen auf einem 9,6 Kilometer langen, frisch asphaltierten Rundkurs statt und der Athlet und seine Tempomacher wurden die gesamte Strecke von einem Fahrzeug begleitet. Dieses projizierte via Laser eine Orientierungshilfe für die benötigte Pace auf die Straße.
Ein Spaziergang dürften die Sub-2 dadurch aber trotzdem nicht gewesen sein.
Philipp Pflieger
Philipp Pflieger gehört zu Deutschlands besten Langstreckenläufern.
Pfliegers Liebe zum Laufsport begann mit einem Fernsehnachmittag mit seinen Eltern. 1996 liefen die Olympischen Spiele in Atlanta auf der Mattscheibe und der Traum des damals Neunjährigen war geboren: Eines Tages selbst bei den Olympischen Spielen teilnehmen.
Die Entschlossenheit ihres Sohnes fanden seine Eltern süß. Doch richtig ernst nahmen sie ihn nicht. Doch der Junge war entschlossen. Die Idee von der Teilnahme bei den Olympischen Spielen ließ ihn nicht mehr los. Und so setzt er alles auf eine Karte, um professioneller Läufer zu werden. Einmal bei Olympia mitlaufen. Die Schule? War ihm egal. Gute Noten? Wurst. Berufsausbildung? Nur, weil seine Eltern darauf bestanden.
Beim Berlin-Marathon 2015 sicherte sich Philipp Pflieger mit einer fantastischen Zeit von 2:12:50 Stunden schließlich sein Ticket für die Olympischen Spiele.
Erst ein Jahr zuvor nahm er an seinem ersten Marathon teil und scheiterte an sich selbst. Eine zu hohe Pace sorgte für Kreislaufprobleme bei Philipp und führten für ihn schließlich zum Abbruch des Rennens. Ein Vorbild ist Pflieger daher auch, weil er sich auch von Rückschlägen nicht von seinem Traum abringen lässt.
Denn dank der erfolgreichen Teilnahme ein Jahr später sollte sein Traum von den Olympischen Spielen endlich in Erfüllung gehen. Jahrelang hatte er auf diese Chance hingearbeitet. In Rio wurde er schnellster deutscher Läufer mit einer Zeit von 2:18:55 Stunden und belegte Platz 55.
Wir hatten das Vergnügen, mit ihm im ACHILLES-RUNNING-Podcast über seinen sportlichen Werdegang zu sprechen.
Übrigens nahm Pflieger auch bei unserem ACHILLES-RUNNING-Instagram-Festival teil. Es war uns ein Fest!
Kenenisa Bekele
Dreifacher Olympiasieger, mehrfacher Weltmeister über 5000 und 10.000 Meter, Weltrekordhalter: Wenn es um die Benennung der weltbesten Langstreckenläufer geht, führt kein Weg an ihm vorbei: Kenenisa Bekele.
2019 siegte er durch eine spektakuläre Aufholjagd beim Berlin-Marathon mit einer grandiosen Zeit von 2:01:41 Stunden, die nur zwei Sekunden unter dem 2018 aufgestellten Weltrekord von Eliud Kipchoge lag. Bekele führte das Feld für etwa 30 Kilometer an, bis ihn Sisay Lemma und Birhanu überholten. Doch der Äthiopier ließ sich trotz zwischenzeitlicher Probleme mit der Oberschenkelmuskulatur nicht aus der Ruhe bringen und zog am Ende in einem irrwitzigen Tempo an allen vorbei. Ein Wahnsinnstyp und echtes Vorbild!
An besagtem Rennen nahm übrigens auch Philipp Pflieger teil, der jedoch hier erneut vorzeitig abbrechen musste.
Kathrine Switzer
Ein Artikel über Vorbilder der Laufszene ohne Kathrine Switzer? Unvorstellbar!
Denn 1967 gelang es ihr, sich als erste Frau mit ihren Initialen K.V. Switzer beim Boston Marathon anzumelden und sich die inzwischen legendäre Startnummer 261 zu sichern. Das Bild, wie der Renndirektor versuchte, Kathrine die Startnummer während des Marathons zu entreißen, ging um die Welt. Switzer ließ sich nicht beirren, finishte als erste Frau einen offiziellen Marathon und schrieb damit Sportgeschichte.
Seit ihrem legendären Lauf sind inzwischen mehr als 50 Jahre vergangen. Aber Kathrines Enthusiasmus für den Laufsport und Female Empowerment sind ungebrochen. Sie hat vier Bücher geschrieben, ist über 40 Marathons gelaufen und gründete 2015 das Netzwerk 261-Fearless. Das Ziel von 261-Fearless: Frauen durch das Laufen zu verbinden und zu empowern.
Wenn ihr mehr über die Laufikone Kathrine Switzer erfahren wollt, solltet ihr unbedingt auch in die Folge mit Switzer im ACHILLES-RUNNING-Podcast reinhören.
Paula Radcliffe
Die ehemalige britische Langstreckenläuferin und sechsfache Weltmeisterin Paula Radcliffe gewann unter anderem stolze dreimal jeweils den New-York- und den London-Marathon. Zudem hielt die Athletin bis zum 13. Oktober 2019 den Weltrekord im Marathon, den sie beim London-Marathon 2003 mit einer beeindruckenden Zeit von 2:15:25 Stunden aufstellte.
Ein Vorbild ist Radcliffe für uns auch, weil sie stets eine Läuferin war, die das Tempo im Rennen angab. Auf längeren Distanzen hatte sie mit ihrer Taktik aufgrund ihrer überragenden Ausdauer oft die Nase vorn, während sie sich auf kürzeren Distanzen auf der Bahn des Öfteren geschlagen geben musste.
Mittlerweile arbeitet Radcliffe als Trainerin von ehrgeizigen Athlet*innen und ist als Botschafterin für verschiedene Organisationen tätig.
Florian Neuschwander
Florian Neuschwander ballert gerne. Dabei ist nicht etwa die Rede von exzessivem Drogenkonsum oder wilden Sexorgien. Es geht um etwas viel berauschenderes – das Absolvieren von langen Läufen in rasanter Geschwindigkeit. Egal, ob steile Berge, raues Gelände oder einfach nur Asphalt – Florian Neuschwander ballert sich seinen Weg durch jedes Terrain.
Selbst den berühmten Western States Endurance Run in den USA hat der beliebte Schnauzbartträger bereits gefinisht. Das bedeutendste Rennen für Neuschwander aber war der Wings for Life-Run im Jahr 2015. Und das aus zweierlei Hinsicht. Einerseits heimste er der Sieg ein, andererseits bekam er dadurch so viel mediale Aufmerksamkeit, dass er seine eigene Marke „Run with the Flow“ vorantreiben konnte.
Fünf Jahre später ist der lustige Läufer mit dem markanten Äußeren nicht mehr aus der deutschen Laufszene wegzudenken. Mit seinen Instagram-Kanal unterhält er mittlerweile gut 69 Tausend Follower. Ein Vorbild ist Florian Neuschwander aber nicht wegen seiner rasant wachsenden Follower*innen-Anzahl, sondern weil er einfach sein Ding durchzieht und dabei authentisch bleibt.
Neuschwander war übrigens auch schon im ACHILLES-RUNNING-Podcast zu Gast. Hört doch mal rein.
Anna und Lisa Hahner
Die schnellsten Marathon-Zwillinge Deutschlands begannen erst im Alter von 18 Jahren mit der Leichtathletik.
Ein leidenschaftlicher Vortrag übers Laufen und Motivation von Musiker und Extremsportler Joey Kelly, den Anna und Lisa gemeinsam in Fulda anhörten, entfachte ihre Liebe zum Laufsport. Schon am nächsten Tag schnürten sich die Hahners ihre Schuhe und liefen los. Einfach loslegen und machen, diese Worte von Joe Kelly sind ihnen im Gedächtnis geblieben.
Sportlich waren die beiden schon immer. Als Kinder machten Anna und Lisa Ju-Jutsu, spielten Tischtennis und Fußball. Sogar für die Ausbildung zur Schiedsrichterin hatten sich die beiden schon angemeldet. Doch dann kam das Laufen.
Lisas bisher größter sportlicher Erfolg ist der Gewinn der Deutschen Marathonmeisterschaft 2015 in Frankfurt. Außerdem gewann sie 2017 unter anderem den München-Halbmarathon und den Luxemburg-Halbmarathon.
Anna wurde 2010 gemeinsam mit ihrer Schwester deutsche Meisterin in der Mannschaftswertung im 10-km-Straßenlauf. Außerdem gewann sie unter anderem 2014 den Vienna City Marathon. Auch beim Hannover-Marathon 2016 kletterte sie aufs Siegerpodest.
Die Teilnahme bei den Olympischen Spielen in Rio
2016 qualifizierten sich die Hahner Twins für die olympischen Spiele in Rio de Janeiro. Zwar belegten die beiden in Rio nur den 81. Platz, erhielten aber jede Menge mediale Aufmerksamkeit, weil sie zusammen Hand in Hand ins Ziel liefen.
Für diese Aktion mussten die beiden Läuferinnen viel Kritik einstecken. Unter anderem warf ihnen Thomas Kurschilgen – Sportdirektor des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) – mangelnden kämpferischen Sportsgeist vor. Denn der Rückstand auf die Siegerin betrug 21 Minuten, zudem waren die beiden Athletinnen über 15 Minuten von ihren Bestzeiten entfernt.
Wir finden, die Hahner Twins sind trotzdem echte Vorbilder, da sie beweisen, dass es sich lohnt, einfach anzufangen. Ihre Begeisterung für die Worte Joey Kellys und ihre relativ spät entdeckte Leidenschaft fürs Laufen hat sie bis zu den olympischen Spielen in Rio de Janeiro geführt. Außerdem kümmern sich die Hahner Twins nicht um den Leistungsdruck, den ihnen die Gesellschaft auferlegen will und ziehen einfach ihr Ding durch – in ihrem eigenen Tempo.
Mehr über die Hahners erfahren
Noch mehr spannende Fakten und persönliche Anekdoten über Anna Hahner erfahrt ihr im ACHILLES-RUNNING-Podcast.
Genau wie Philipp Pflieger war auch Anna Hahner beim ACHILLES-RUNNING-Instagram-Festival am Start und hat mit ACHILLES-RUNNING-Chefredakteurin Eileen um die Wette gebacken.
Sabrina Mockenhaupt
Sabrina „Mocki“ Mockenhaupt-Gregor ist 45-fache Meisterin und gehört zu den Top-Läuferinnen Deutschlands. Neben ihrer sportlichen Leistung ist die Siegenländerin vor allem für ihre aufgeweckte Persönlichkeit und ihre sympathisch-direkte Art bekannt.
Fast 20 Jahre lang war Mocki in der Sportfördergruppe der Bundeswehr. Sie holte Titel, kletterte regelmäßig aufs Treppchen und sammelte Medaillen wie andere Briefmarken. Seit Silvester 2018 ist ihr Kapitel als Profiathletin zwar Geschichte, doch dem Laufsport bleibt sie weiterhin treu.
Im ACHILLES-RUNNING-Podcast berichtet sie unter anderem davon, dass ihr Training nun ganzheitlicher geworden ist.
Große Bekanntheit erlangte Mocki auch durch einige Einspieler bei TV Total und natürlich durch ihre Auftritte bei der Tanzshow „Let’s Dance“ auf RTL.
Schaut unbedingt auch mal auf dem Instagram-Kanal der frisch gebackenen Mama vorbei, auf dem ihr mittlerweile fast 100 Tausend Mocki-Fans folgen.
Melat Yisak Kejeta
Melat Yisak Kejeta ist eine der vielversprechendsten Top-Athlet*innen des deutschen Laufsports.
Seit 2013 lebt die aus Äthiopien geflüchtete Sportlerin in Deutschland. Hier schloss sie sich zunächst der LG Frankfurt an, bis sie später beim Polizeisportverein Grün-Weiß Kassel e.V. und anschließend im neu gegründeten Laufteam Kassel Anschluss fand.
Die ersten Treppchenplätze und Siege
Das erste Mal machte Kejeta 2012 auf sich aufmerksam, als sie in Frankreich beim Halbmarathon Humarathon einen tollen dritten Platz hinter den Kenianerinnen Cynthia Jerotich Limo und Gladys Kipsoi belegte. 2013 konnte Melat Yisak Kejeta dann in Deutschland den Frankfurter Silvesterlauf für sich entscheiden.
Ebenfalls beachtlich: Der dritte Platz beim CPC Loop Den Haag und der vierte Platz beim Berliner Halbmarathon. Beide Rennen finishte sie mit der jeweils schnellsten Zeit einer Läuferin, die je für einen deutschen Verein angetreten ist.
Es folgten weitere starke Rennen der Ausnahmeathletin – so gewann sie 2018 unter anderem den Berliner Halbmarathon und den Würzburger Residenzlauf. Auch den Hamburg-Halbmarathon konnte Kejeta 2019 für sich entscheiden.
2019 war ein bedeutendes Jahr für Kejeta
Beim Berlin Marathon 2019 wurde sie sechste mit einer beachtlichen Zeit von 2:23:57 Stunden. Damit unterbot sie die Olympiaqualifikationsnorm von 2:29:30 Stunden deutlich. Leider musste die Erfüllung des Traums von Olympia für Kejeta wie für viele andere Athlet*innen jedoch erstmal verschoben werden.
Doch genug geredet von top Platzierungen und schnellen Zeiten, vermutlich mindestens genauso bedeutend wie die vielen tollen Rennplatzierungen für die Sportlerin: Im März 2019 erhielt Melat Yisak Kejeta nach bestandenem Einbürgerungstest die deutsche Staatsbürgerschaft. Dies geschah ein Jahr früher als offiziell vorgesehen. Denn nicht ganz uneigennützig sprach der DLV die notwendige Empfehlung aus und das zuständige Ministerium des Innern und für Sport sowie der Deutsche Olympische Sportbund stimmten ebenfalls zu.
Somit kann Melat Yisak Kejeta seit März 2019 offiziell für Deutschland an den Start gehen. Wir freuen uns!