Blutwerte sind mehr als nur Labordaten – sie zeigen, wie dein Körper mit Training, Regeneration und Belastung umgeht. In der neuen ACHILLES RUNNING Podcastfolge sprechen wir mit Sportmediziner Thiemo Osterhaus über die wichtigsten Marker für Läufer:innen.
Relevanz von Blutwerten für Läufer:innen
Das menschliche Blut enthält rund 10.000 Werte – doch nur wenige davon sind für Läufer:innen wirklich relevant. In vielen Fällen genügt bereits ein kleines Blutbild beim Hausarzt, um einen Überblick über den allgemeinen Gesundheitszustand zu erhalten. Wer seine Leistung gezielt verbessern und Probleme frühzeitig erkennen möchte, sollte jedoch ausgewählte Blutwerte genauer betrachten. Denn sportliche Aktivität beeinflusst das Blutbild – oft auf komplexe Weise. So sind bei aktiven Menschen erhöhte Leberwerte oder ein Anstieg des Kreatininwerts keine Seltenheit – ohne dass eine Erkrankung vorliegt. Kreatinin kann durch intensive Belastung oder Nahrungsergänzung mit Kreatin ansteigen. Gleichzeitig verbessert regelmäßiges Ausdauertraining wichtige Gesundheitsmarker: Vor allem das „schlechte“ LDL-Cholesterin sinkt oft deutlich.
Besonders relevant ist für Läufer:innen auch das Hämoglobin. Dieser rote Blutfarbstoff sorgt für den Sauerstofftransport im Körper – und damit direkt für die Ausdauerleistung. Ein Mangel kann die Leistungsfähigkeit spürbar verringern. Weil Hämoglobin Eisen benötigt, lohnt sich ein Blick auf die Eisenspeicher (Ferritin). Der reine Eisenwert im Blut schwankt stark und liefert deshalb wenig verlässliche Aussagen. Auch andere Werte unterstützen Training und Regeneration. CRP (C-reaktives Protein) dient als Entzündungsmarker und kann nach Belastungen erhöht sein. Magnesium ist wichtig für Erholung und Schlaf – ein Mangel wirkt sich oft negativ auf die Regeneration aus.
Ein oft übersehener, aber zentraler Faktor ist zudem das hormonelle Gleichgewicht. Bei einem längerfristigen Energiedefizit – wie es beim sogenannten RED-S (Relative Energy Deficiency in Sport) vorkommen kann – gerät die Hormonproduktion aus dem Takt. Dies kann weitreichende Folgen haben, von Leistungsabfall bis hin zu Zyklusstörungen.
Indikatoren für Gesundheit, Regeneration und Überlastung
Blutanalysen können gezielt Hinweise auf Regeneration, Immunstatus oder auch Überlastung geben. Besonders aufschlussreich für die Erholung ist ein Kortisoltagesprofil aus dem Speichel, das zeigt, ob sich der Hormonverlauf im Tagesrhythmus gesund entwickelt. Ergänzend geben der Eisenstatus – wichtig für Energie und Schilddrüsenfunktion – sowie der Omega-3-Index, der mit entzündungshemmender Wirkung punktet, wertvolle Hinweise zur Regenerationsfähigkeit.
Auch das Immunsystem lässt sich durch bestimmte Marker beurteilen: Entzündungswerte wie CRP und der Omega-3-Index liefern erste Hinweise, ergänzt durch Mikronährstoffe wie Vitamin D, Selen, Magnesium oder Kupfer. Leukozyten als Teil des kleinen Blutbilds geben weiteren Aufschluss über die Immunaktivität. Ebenso spielt die Schlafqualität eine zentrale Rolle, da sie maßgeblich zur Regeneration des Immunsystems beiträgt.
Ein klarer Marker für Übertraining lässt sich zwar nicht benennen – dafür aber typische Muster erkennen. Hormonelle Dysbalancen, etwa bei Testosteron, Kortisol oder Östrogenen, sowie Mängel bei Mikronährstoffen und ein Rückgang an Muskelmasse oder Körpergewicht können auf ein Ungleichgewicht zwischen Belastung und Erholung hinweisen.
Wichtig ist dabei: Einzelne Blutwerte zeigen immer nur den aktuellen Zustand – vergleichbar mit einem Blitzer, der nur den Moment festhält, aber nicht, ob jemand beschleunigt oder abgebremst hat – erzählt Thiemo. Erst Verlaufswerte, also regelmäßige Messungen über einen längeren Zeitraum, ermöglichen es, Entwicklungen zu erkennen und gezielt zu reagieren.
Optimierung von Blutwerten – (wie) geht das?
Wie also können wir unsere Blutwerte optimieren, um bessere Leistungen zu erzielen oder besser zu regenerieren? Thiemo betont, dass dies nicht der richtige Ansatz sei. Statt an den Werten herumzuschrauben, sollten wir bei uns selbst und unserem Lebensstil ansetzen. Denn wer sich gut versorge, sorge automatisch dafür, dass die Blutwerte im grünen Bereich bleiben. Doch wie genau gelingt das?
Entscheidend ist, gesunde Gewohnheiten zu etablieren, die sich langfristig positiv auf den Körper auswirken. Dazu gehört vor allem eine ausreichende Kalorienzufuhr – ein Punkt, der gerade bei Frauen im Sport häufig vernachlässigt wird. Auch die Makronährstoffe sollten stimmen: Kohlenhydrate, Eiweiß und gesunde Fette sind für Energie, Regeneration und Hormonhaushalt gleichermaßen wichtig. Ergänzt wird das Ganze durch ausreichend Flüssigkeit und eine gute Portion Obst und Gemüse – und genau hier hapert es oft. Thiemo erzählt von einem Experiment, in dem ein Döner am Ende mehr Gemüse enthielt als viele Menschen durchschnittlich über den Tag verteilt essen. Dabei seien genau diese Basics entscheidend, wenn es um stabile Blutwerte geht – nicht erst das ausgeklügelte Supplementregal. Nahrungsergänzung könne trotzdem sinnvoll sein – aber bitte nicht auf Verdacht. Wer supplementiert, sollte vorher wissen, was fehlt. Das bedeutet: erst messen, dann gezielt ergänzen, anschließend wieder messen. Nur so lässt sich überprüfen, ob der Körper die Nährstoffe überhaupt aufnimmt. Eine einzelne Blutuntersuchung ist ein Anfang, reicht aber selten aus, um Veränderungen sicher beurteilen zu können.
Und wohin wendet man sich am besten mit diesem Thema? Klassische Hausärzt:innen oder Sportmediziner:innen sind oft nicht auf individuelle Blutwertdiagnostik spezialisiert. Stattdessen kann man direkt ein freies Labor nutzen, um gezielt Werte bestimmen zu lassen. Für die Auswertung lohnt sich die Zusammenarbeit mit Coaches oder Therapeut:innen, die sich mit Sport, Ernährung und Laborwerten auskennen – online wie offline.
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