Einige Wochen vor dem Start eines Marathon macht sich bei vielen Freizeit-Läufern Unsicherheit bemerkbar. Wie sieht eine Marathonvorbereitung aus? Hier gibt es Tipps, wie man sich erfolgreich vorbereitet. Sportwissenschaftler Dennis Sandig weiß, was man vor, während und nach dem Wettkampf machen und lassen sollte.
Üblicherweise taucht dieses Prickeln während des Trainings sechs bis acht Wochen vor dem großen Tag zum ersten Mal auf und schleicht sich mit quälenden Fragen an wie zum Beispiel:
- Habe ich in den vergangenen Monaten wirklich ausreichend Kilometer gesammelt?
- Waren genügend schnelle Einheiten beziehungsweise Intervalle dabei?
- Kann ich es schaffen, noch schnell etwas an meinem Gewicht zu optimieren?
In der Marathon-Vorbereitung lauern nicht nur wegen dieser Gedanken einige Stolpersteine, die Sie unbedingt beachten sollten. Dabei sind erfahrene Läufer keinesfalls weniger anfällig als Novizen. Wir wollen mit einigen Tipps und Tricks helfen, optimal vorbereitet an der Startlinie zu stehen. Nur so können Sie ein Rennen bestmöglich genießen und Ihr erhofftes Ergebnis erreichen.
Marathonvorbereitung: Schlechtes Gewissen ist ein mieser Berater
Wenn der Race-Day näherkommt und die Zweifel wachsen, sollten Sie sich auf das Eigentliche konzentrieren: Es geht jetzt nur noch um den Übertrag vom Training in den Wettkampf. Ihr “schlechtes Gewissen” ist dabei ein mieser Berater. Auf der Zielgeraden Ihrer Vorbereitung spielt dabei das Training eine ebenso tragende Rolle wie die Ernährung.
Schnellschüsse sind dabei eher hinderlich für den anstehenden Marathon. Stattdessen müssen Sie wichtige Zeitabschnitte berücksichtigen, die Ihnen helfen, Ihre Form abzurunden. Vor einem Rennen unterscheiden Trainer*innen drei elementare Meilensteine.
Diese liegen einen Monat, eine Woche und einen Tag vor dem Start und es empfiehlt sich tatsächlich, diese Abschnitte im Kalender zu markieren, denn innerhalb dieser Phasen optimieren Sie Ihr Training kontinuierlich.
Marathon-Vorbereitung: Einen Monat vor dem Start – Tapering
Fehler, die Sie in dem letzten Monat vor Ihrem Marathon begehen, lassen sich kaum noch korrigieren. Umso wichtiger ist es, diesen Zeitraum planvoll anzugehen, denn nun starten Sie mit dem sogenannten Tapern. Dieser Begriff umschreibt die unmittelbare Vorbereitung auf den Wettkampf.
Dazu gibt es unterschiedliche Strategien, bei denen immer die Umfänge und die Intensität vor dem Rennen vermindert werden. Wer glaubt, dass bis kurz vor dem Marathon das Training möglichst hart sein muss, irrt sich gewaltig.
Studien zeigen, dass das Reduzieren von Belastung und Intensität vor einem Wettkampf entscheidend ist, um ausgeruht und in idealer Form den Lauf zu bestreiten. Wer zu hart bis zum Tag X trainiert, wird seine Top-Form erst auf der Heimreise oder noch später erreichen.
Der Sportwissenschaftler Tim Noakes empfiehlt in den letzten vier Wochen vor einem Marathon, das Training erst auf 70 Prozent zu reduzieren und dann bis zur Woche vor dem Lauf pro Woche um weitere 20 Prozent zu minimieren, sodass Sie eine Woche vor dem Wettkampf bei circa 40 Prozent der Umfänge und Intensitäten angekommen sind.
Je nach Leistungsklasse und Trainingszustand kann dieser Prozess jedoch auch erst in den finalen zwei Wochen vor dem Startschuss begonnen werden.
Vier Wochen vor dem Marathon sollten Sie beginnen, sich einen Plan für den Renntag zurechtzulegen. Dazu gehört eine realistische Einschätzung Ihres Wettkampftempos. Laufen Sie diese angestrebte Geschwindigkeit nun immer wieder während Ihrer Trainingseinheiten.
So finden Sie frühzeitig Ihren Rhythmus, was wiederum Sicherheit vor dem Start gibt. Zur mentalen Vorbereitung gehört es weiterhin, sich schon einmal mit der Strecke vertraut zu machen. Schauen Sie auf einer Karte nach, ob es Anstiege oder kurvige Abschnitte gibt.
Das hilft Ihnen sich schon einmal damit auseinanderzu setzen, wie Sie sich im Falle von Ermüdung gegen Ende Stück für Stück in Richtung Finish motivieren. Sie tricksen sich beispielweise selbst ein wenig aus, in dem Sie sich sagen: “Nach Kilometer 35 gibt es nur noch vier Linkskurven.”
Oder Sie positionieren ein Familienmitglied respektive einen Vereinskameraden an vermeintlich neuralgischen Punkten. Während dieser Vorbereitung, in der Phase ein Monat vor dem Start, gehört es auch dazu, die Nahrungsaufnahme sowie das Trinken im Training unter Wettkampfbedingungen zu üben.
Falls Sie Energie-Gels oder Energie-Riegel zur Wettkampfverpflegung gewählt haben, müssen exakt die Produkte zuvor ausgiebig auf ihre Verträglichkeit geprüft werden, damit Sie keine Überraschungen erleben.
Marathonvorbereitung: Eine Woche vor dem Start – Fine-Tuning
Wenn die letzten sieben Tage angebrochen sind, starten Sie das Fine-Tuning für den Renntag. Ganz wichtig ist dabei ausreichender Schlaf. Zu geringe Ruhephasen verschlechtern die wichtige Regeneration vor dem Wettkampf, und die entscheidenden Körner können beim Marathon fehlen.
Das gilt ebenso für Ihre Energiespeicher, denn in der letzten Woche beginnen Sie damit, Ihre Kohlenhydratspeicher zu füllen. Das Lauftraining fällt jetzt deutlich kürzer aus. Sechs bis sieben Tage vor dem Rennen sollten Sie keine Distanz über zwölf Kilometer absolvieren, und drei bis vier Tage vor dem Wettkampf dürfen fünf bis sechs Kilometer nicht mehr überschritten werden.
Oft belächelt, aber wichtig: Fußnägel zwei bis drei Tage vor dem Rennen schneiden. Nicht erst am Abend vor dem Marathon.
Versuchen Sie sich in dieser Phase abzulenken (Treffen mit Freunden, Kinobesuche), um nicht so viel über das Bevorstehende nachzudenken.
Ein Tag vor dem Start
Nur noch einmal schlafen. Was bei Kindern vor ihrem Geburtstag zu Freudensprüngen führen kann, macht Ihnen vor dem Marathon sicher eher Angst, insbesondere, wenn es der erste ist. Und genau dies ist eine wichtige Aufgabe am Tag vor Ihrem Start: Versuchen Sie, ruhig zu bleiben und sich auf das Rennen zu freuen.
Große Aufregung schadet Ihnen. Gerne können Sie lesen oder Musik hören. Fernseher, Tablet und Smartphone sind nun aber Tabu – ab 18 Uhr verzichten sie bitte auf diese Lichtquellen. Studien zeigen, dass diese Lichter das Einschlafen und die Nachtruhe stören können.
Trainiert wird am Tag vor dem Marathon nicht mehr
Wer möchte, kann ein paar Minuten traben, aber das ist eigentlich den versierteren Startern vorbehalten. Stattdessen sollten Sie am Abend alles für den nächsten Tag vorbereiten.
Legen Sie die Laufbekleidungund Ihre Schuhe raus und schneiden Sie Pflaster zum Überkleben der Brustwarzen zurecht. So präpariert, wird der Renntag wesentlich stressfreier beginnen und gerade unmittelbar vor dem Wettkampf gilt: Die Vorstartaufregung wird immer da sein, umso wichtiger ist es, zusätzlichen Stress und Aufregung zu vermeiden.
Und in der Nacht vor dem Marathon: Da sollen Sie natürlich schlafen. Ob Sex förderlich für den Sport ist oder nicht, da scheiden sich die Geister. Jedoch ergab eine Studie zum London Marathon, dass die Probanden, die in der Nacht vordem Lauf Geschlechtsverkehr hatten, durchschnittlich etwa fünf Minuten schneller waren.
Viel Erfolg!
Dies ist ein Gastbeitrag aus der Zeitschrift: RUNNING – Das Laufmagazin. Die RUNNING ist im Zeitschriftenladen erhältlich.