Das Jahr 1981 war ein besonderes für den hiesigen Laufsport: Am 17. Mai wurde in Frankfurt der erste deutsche Stadtmarathon gelaufen. Renndirektor Jo Schindler blickt im Interview zurück auf 30 Jahre Frankfurt-Marathon.
Achilles Running:* Herr Schindler, Sie sind seit 2002 Renndirektor des Frankfurt-Marathons – hatten Sie zuvor schon Berührungspunkte mit der Veranstaltung?
Jo Schindler: Ja, natürlich. Ich habe in Frankfurt studiert, bin hier mehrmals am Start gewesen und Mitte der 90er Jahre auch meine Bestzeit von 2:46 Stunden gelaufen. Als Marathon-Traditionalist bin ich schon lange ein Fan von Frankfurt.
Was waren für Sie persönlich die Sternstunden in 30 Jahren Frankfurt-Marathon?
Als ich meine Bestzeit gelaufen bin, hat mich meine damalige Freundin und heutige Frau mit einem Kuss empfangen. Das ist mein privates Highlight.
Und als Renndirektor?
Das Jahr 2003 war sicher ein Höhepunkt, damals hatten wir erstmals unser Ziel in der Festhalle. Im Vorfeld gab es einige Bedenkenträger, aber wir wollten unbedingt einen innovativen Impuls setzen. Anschließend reduzierte sich die Zahl der Kritiker auf null.
“Fängt ja klasse an, dachte ich”
Was bleibt noch in Erinnerung?
Als im Vorjahr der Kenianer Wilson Kipsang in 2:04:57 Stunden ins Ziel kam, ist mir ein Schauer über den Rücken gelaufen. Diese Weltklassezeit hatte ich in Frankfurt nie für möglich gehalten. Das war der gelaufene Wahnsinn. Hierfür gab es auch jede Menge Lob von alt gedienten Frankfurter “Haudegen”, das freute mich besonders.
Welche Krisen hatte der Frankfurt-Marathon in seiner Geschichte zu bewältigen?
Die größte sicher 1986, als die Veranstaltung mangels Sponsoren ausfiel, nachdem sich die Hoechst AG zurückgezogen hatte. Hätte sich vor 25 Jahren nicht eine Rettungsinitiative um die spätere Stadträtin Sylvia Schenk gebildet, würde ich dieses Interview nicht geben. Auch die deutschen Marathon-Legenden Manfred und Herbert Steffny halfen damals mit, ebenso der Olympiadritte von 1952 über 800 Meter, Heinz Ulzheimer.
Wie ging es nach der Rettung weiter?
Letztlich wurde die Stadt Frankfurt neuer Veranstalter, doch es ging speziell in den 90er Jahren ohne wirkliche Kontinuität eher lauwarm hoch und runter. Unser Team hat die Veranstaltung 2002 erstmals gestemmt, mit nur sechs Monaten Vorbereitungszeit. Am Marathon-Tag blies uns dann fast ein Orkan weg. Fängt ja klasse an, dachte ich. Da ging mir, sorry für die Formulierung, der Arsch eine Zeit lang ziemlich auf Grundeis.
Inzwischen zählt der Frankfurt-Marathon seit Jahren zu den international anerkanntesten Laufveranstaltungen. Was war dafür ausschlaggebend?
Alle Personen in den entscheidenden Positionen sind absolute Profis auf ihrem Gebiet, und alle lieben den Laufsport oder den Sport generell. Für den Frankfurt-Marathon arbeiten keine geschniegelten Agentur-Fuzzies, die heute einen Marathon-Event und morgen einen Contest mit Singsang auf die Bühne stellen. Wer einen Marathon organisiert, muss nachhaltig glaubwürdig sein. Das ist das Wichtigste.
“Mein Traumziel: 15.000 Starter”
Was spielte für den Erfolg noch eine Rolle?
Meine Agentur hat vor neun Jahren einen großen Vertrauensvorschuss durch die Stadt Frankfurt bekommen; auch die notwendigen finanziellen Mittel der Partner, um die Veranstaltung vom Kopf auf die Füße zu stellen. Vor diesem Hintergrund haben wir den neuen Zieleinlauf entwickelt.
In welchen Bereichen kann sich der Frankfurt-Marathon dennoch verbessern?
Riesig freuen würde ich mich über 15.000 Meldungen beziehungsweise Starter – das ist mein persönliches Traumziel.
Sind Sie neidisch auf die Teilnehmer*innen-Zahlen in Berlin?
Nein, warum sollte ich? Natürlich wären wir gerne so schnell ausgebucht wie Berlin, aber in der Hauptstadt gelten schlichtweg völlig andere Maßstäbe. Daran sollte sich kein anderer nationaler Veranstalter messen. Ansonsten müsste er sofort das Handtuch werfen und in Rente gehen. Wir haben übrigens ein sehr freundschaftliches Verhältnis zu Berlin. Das war auch schon vor dem Einstieg des gemeinsamen Titelsponsors BMW so. Und wer in Berlin keinen Startplatz bekommen hat, sollte vier Wochen später einfach mal Frankfurt ausprobieren.
Was erwarten Sie von der Jubiläums-Ausgabe im Oktober?
Gutes Wetter, ein tolles Erlebnis für mehr als 10.000 Marathon-Läuferinnen und -Läufer – und für die Topathleten ganz schnelle Zeiten.
Welche Stars wollen Sie verpflichten?
Die Verhandlungen mit den Vorjahressiegern Wilson Kipsang und Caroline Kilel laufen. Auch führende deutsche Athleten wie Irina Mikitenko, Sabrina Mockenhaupt und Jan Fitschen haben Interesse. Schließlich können sie sich in Frankfurt für die Olympischen Spiele 2012 in London qualifizieren.
Zur Person: Jo Schindler stammt aus Regensburg und organisiert seit 2002 als Renndirektor den Frankfurt-Marathon. Schindler und seinem Team ist es gelungen, die Zahl der Teilnehmer*innen kontinuierlich zu steigern – gegen den allgemeinen Marathon-Trend.
*Um die Antworten des Interviewpartners nicht zu verfälschen, werden lediglich die Fragen “gegendert”.